Elitär im Geiste und geistverbreitend in der Profession als Literaturkritiker im Studio B stehen wir regelmäßig vor dem Dilemma, die Massenwirksamkeit von Autorenlesungen zur Gewinnung von Literaturliebeslohn nicht ignorieren zu können und dennoch nicht zwei Stunden lang in der untiefstgeistigen Umarmung des an der permanent falschen Stelle lachenden, des an der ihm imagsteigernd erscheinenden Stelle nickenden, des permanent „schmunzelnden“ Möchtegernintellektuellen verbringen zu wollen.
Bemüht um Kompromiss und Freudenspende haben wir uns in den letzten Monaten immer wieder hinter das literaturspektakellechzende Publikum gesetzt, neben den schlafenden Tontechniker, nicht ohne vorher unser portables Aufnahmegerät im Modus „record“ dem Tape Out anzuhängen. Wir haben die Ohren zusammengebissen, um dem geschätzten Fachpublikum des Studio B hier eine Stunde ausschnitthaft und den treuen Hörern von coloRadio immer wieder einmal in Ganzstundenlänge das reuelose Vergnügen einer Autorenlesung ohne eigene Anwesenheit im Hexenkessel der Eitelkeiten einer solchen zu schenken.
Es lesen der sympathischste Deutsche aller Zeiten, Harry Rowohlt und der aktuelle Sprachblockwart des MDR-Figaro, Wiglaf Droste. Angelika Schrobsdorff in einer Lesung zu erleben ist sowieso immer ein Hauptgewinn: Ihre Geschichten gewinnen durch ihre Stimme, und sie macht nie den Fehler, über ihre Witze zu lachen, und in einer Lesung aus dem vergangenen November stellen wir Wolfgang Frömberg vor, dessen Debütroman „Spucke“ gerade erschienen ist.