Daniel Kehlmann schreibt uns eine subtile, vielschichtige Geschichte über Geschichte und Geschichtsschreibung, ihr Selbstbild und unsere Bild von ihr. Was beginnt, wie ein Sittengemälde des Mittelalters, jaja, Renaissance, entwickelt sich zu einem Spiegelsaal voll mit Blendern, eingebildeten Wissenschaftlern und aus der Zeit gerissenen Zeugen.
Autor: Herr Falschgold
Nach oben
Die Prämisse, blutiger Anfänger sucht das große Glück, sorgt zudem noch für fast belletristische Spannung, so man sich verkneift Frau Konnikovas aktuelles Pokerstanding zu googlen.
„Ist es ein König, ein Fürst, ein Bischof oder ist es Cromwell? Wir erfahren, nicht durch beschreibende Worte, nein, durch eine kurze Verwirrung ob der sprechenden Person, dass die Sprechenden sich im Status näherkommen sind, der Sohn eines Schmiedes den gotterwählten König gar dominiert.„
Es gibt so Bücher, da quält man sich. Ob man das muss, gerade als freier, unbezahlter Rezensent, aber auch als schnöder Leser von Büchern, es ist ein ewiger Streit. Ein Streit in dem Anzahl und Wehemenz bejahender Argumente reziprok mit dem Alter des Argumentierenden korrelieren. ????
Jedes Jahr um den Nikolaus herum sitzen sie in der Falschgoldschen Küche: Irmgard Lumpini, Anne Findeisen und Herr Falschgold. Eine/r hustet meistens, eine/r hat schon einen Glühwein getrunken, oder drei, und dann klopft es an der Tür und freudig rennen die Kinderlein, denn der Mikis, der Wesensbitter, steht vor der Tür und bringt wieder Bücher, von denen hier noch nie jemand etwas gehört hat. Dem stehen die drei Vollmitglieder des Studio B – Kollektivs jedoch in nichts nach, nein, auch sie packen aus und die Empfehlungen in eine alljährliche Podcastepisode, damit alle etwas davon haben – nicht nur die, die die Diskussion darüber durchführen, sondern auch die, die vorweihnachtliche Furcht vor Verschenkversagen fühlen. Hat hier jemand noch Restalkohol?
Hier zum Bestellen und Verschenken die Liste der Bücher – und natürlich gibt es nicht nur einen Onlinehändler, es gibt mehrere und, nein?, doch!, Oooh!, den Buchhändler um die Ecke, der auch eine Katze hat, die am Weihnachtsabend gefüttert werden will.
Anne Findeisen
- Daniel Pennac „Wie ein Roman“
- Jürgen Meyerhoff „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“
- Else Lasker-Schüler „Wir Beide. Die schönsten Liebesgedichte“
Irmgard Lumpini
- Sibylle Berg “GRM” – Brainfuck
- Bill Cunningham: On the Street: Five Decades of Iconic Photography
- Bill Cunningham: Fashion Climbing: A New York Life
Herr Falschgold
- Jeffrey Steingarten – The Man Who Ate Everything
- Jasper Fforde – Die Thursday Next Reihe
- Ian Mc Ewan – Die Kakerlake
Mikis Wesensbitter
..muss eine Anfang-Zwanzig-Jährige Autorin ungeschliffen und blind sein? Oder vergessen wir nur zu schnell, wie viel wir alle im Kopf hatten, zu einer Zeit, in der wir drei Biere brauchten um durch den Abend zu kommen?
Taffy Brodesser-Akner schreibt ihre eigene Geschichte als Frau in einer Männerwelt, in ein Buch über einen Ehemann, der, in der heteronormativen Weltsicht die Ehefrau in der Ehe war und über Rachel Fleishman, die Ehefrau in der Rolle des karrieregeilen Ehemanns.
Let’s talk about.. Perspektiven
Diskutiert wird heute mal ausnahmsweise kontrovers 😉 – und wie immer zivilisiert. Kind of..
Spidermen
„Allein diese kleine, große brillante Idee, die Evolution, die uns angeborene Suche nach Mustern, Mathematik und Religion verbindet, macht das Buch zu einem neverending Brainfuck, denn plötzlich sind wir als Leser nicht mehr nur Beobachter von Evolution im Zeitraffer, wir lesen und denken plötzlich nach über – Gott.“
Babyhamlet
Und Ian McEwan, oder sein Lektor, wussten, dass das nicht lange gut gehen kann und beenden dieses Werk hart am literarischen Experiment nach dankbaren 150 Seiten mit einem leicht erwartbaren Ende und entlassen den Leser in seine Realität, die er mit ein wenig anderen Augen sehen wird, fast hätte ich gesagt Kindes.. aber wir wollen uns zusammenreißen, es war nur ein Buch, aber ein gutes und, für Freunde des Aussergewöhnlichen, ein tolles.
Let’s talk about.. sog. Humor
Wenn Anne Findeisen beginnt, Witze zu erzählen..
FTW!
..um mit einer eher unerfreulichen Situation wie.. Apartheid, umzugehen braucht es vor allem eines: stoische Ruhe. Und das lernt man im Fall von Trevor Noah sehr schnell, als er im Alter von 9 Jahren zusammen mit seinem jüngeren Bruder von seiner Mutter aus einem fahrenden Auto geworfen wird.
Wem es nützt..
„Winterromane sind wiederum allgegenwärtig weil therapeutisches Kassengold. Was bleibt einem im Winter Anderes als zu lesen. Man kann das Haus nicht verlassen, weil es zu anstrengend ist, für die paar Meter in die Bar Anoraks und Winterstiefel anzuziehen, und in die Bar in Bademantel und Schlappen gehen, das darf nur der Dude. Also liest man und was gibt es Kuscheligeres als die Vorhänge zuzuziehen um das, was man in der Stadt Winter nennt und doch nur Schlamm und Hundeshit ist zu verbergen und zu ersetzen mit Mengen und Mengen und Mengen von Schnee. Es kann nicht genug Schnee sein.“
Wie es gute Tradition ist seit, ähm, 2017, kommt um die Weihnachtszeit unser Freund Mikis Wesensbitter zu Besuch und stellt bei Glühwein und Gedöhns mit uns zusammen den Hörerinnen und Hörern die Lese- und Geschenkempfehlungen in den Podcast.
Ebenso Tradition ist, dass er neue Stories dabei hat, und diesmal sogar ein ganzes Buch davon: „Guten Morgen, Du schöner Merhzweckkomplex“ heisst es und wir brechen uns überhaupt keinen ab in Sachen journalistischer Ethik, wenn wir aus tiefster Überzeugung sagen, dass es unter einen jeden Gabenbaum gehört. Und wer es nicht glaubt, bekommt eine Leseprobe und dann glaubt er es mehr als der 12-jährige Herr Falschgold an den Weihnachtsmann.
Und weil sich niemand merken kann, was im Podcast so alles empfohlen wird, hier die Merkliste:
Mikis Wesensbitter:
- Jasper Fforde – „Eiswelt“
- Derek Landy „Skullduggery Pleansant – Mitternacht“
- Nina Brochmann und Ellen Støkken Dahl „Viva La Vagina“
- Susanne Kaloff „Nüchtern betrachtet wars betrunken nicht so berauschend“
Irmgard Lumpini:
- Peter Milligan, Brendan McCarthy, Carol Swain – „SKIN“
-
Harald Welzer Selbst Denken – „Eine Anleitung zum Widerstand (2013)“
- Hans Rosling und Anna Rosling Rönnlund – „Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“
Anne Findeisen:
Herr Falschgold:
Space
„Wir haben also das komplette Paket, eine Space Opera, eine außergewöhnlich begabte SchriftstellerIn, betont, und eine kongeniale Idee, die, Bonus, ein sehr abgefahrenes Storytelling erlaubt.“
Zukunftssicher
Wir werden zunächst klassisch in ein klassisches Cyberpunkszenario geworfen, Japan in der Mitte des 21. Jahrhunderts, alles, was vor 30 Jahren schon Gibson und Stephenson hatten, hat auch das Jahr 2060 von Malka Older. Wir fühlen uns wohl. Es blinkt und holographiert wo man nur hinschaut, Informationsoverlays zeigen uns den Weg durch die verregnete Nacht, das Essen ist nach wie vor superb und alle reden von der kommenden Centenialwahl, eine Wahl alle 10 Jahre, gleichzeitig auf der ganzen Welt (mit Ausnahme einiger üblicher Verdächtiger wie Saudi Arabien et al), stattfindend in kleinsten Wahlkreisen von genau 100.000 Wählern.