Wenn man am Ende einer Diskussion spontan zu dem Ergebnis kommt, daß man in der nächsten Sendung die gleichen Bücher nochmal besprechen wird, aber natürlich von den jeweils anderen Kollektivmitgliedern rezensiert – dann war es entweder kontrovers oder kontrovers. Na was wohl?
Wir vom Studio B Kollektiv werden im persönlichen Gespräch mit unseren Hörern schon gelegentlich auf die von uns aus dramaturgischen Gründen verwendete Mundart angesprochen. Da wir Kunst nicht erklären, zumindest nicht die eigene, bieten wir zur diesjährigen Weihnachtssendung eine dialektische Alternative. Sie heißt Mikis Wesensbitter und Herr Falschgold kennt den sich hinter diesem Pseudonym verborgenen Menschen, Freund, ja: Menschenfreund!, seit so vielen Jahren, daß er sich weigert diese Zahl zu nennen, um die Zielgruppe nicht zu schockieren.
Neben der sprachlichen Aufmischung bietet Mikis noch zwei weitere Gründe zur Teilnahme am diesjährigen Weihnachtspalaver: Er hat einen anderen Literaturgeschmack, was in vielfältigeren Empfehlungen resultiert (s.u.) und er schreibt selbst, unter anderem hier und hier zu lesen, so daß uns Mikis die größte Freude machte konnte: zwei selbst geschriebene und performte Weihnachtsgeschichten, die unsere, wie immer feucht-fröhlichen Buchempfehlungsdiskussionskulturkämpfe bestens unterhaltend unterbrachen.
„Ist es ok, reale und ausgedachte Ereignisse unabgegrenzt zu verschmelzen?“ fragt ein hörbar unsicherer Herr Falschgold und schiebt das Looserargument schlechthin: „Rethorische Frage!“ hinterher. Der Eumel. Bis dorthin konnte er sich eigentlich ganz gut in unserer Diskussion behaupten, keine Selbstverständlichkeit bei so messerscharf-charmanter Konkurrenz wie Irmgard und Anne.
Irmgard erzählt von einem Thriller, wie gemacht für den Strand, dick, spannend und lehrreich, Herr Falschgold will alles über Kokain wissen und Geld hat keiner: „Warum?“, fragen wir (lesend) den ehemaligen griechischen FInanzminister. Selten harmonisch!
Ein Buch – drei Meinungen. Oder sagen wir 2,5. Zwischen Lobpreisung und Verriss steht es nach 90 Minuten 2:1, doch es gibt Nachspielzeit – wegen einiger verbaler Aktionen, die Anne Findeisen und Herr Falschgold so nicht durchgehen lassen. Doch Irmgard Lumpini wehrt sich..
Dass wir im Studio B alle blutjung sind, merkt man an der Zeitspanne der besprochenen Klassiker und somit kommen wir in der Diskussion fast einstimmig zur gebildeten Meinung: Klassiker müssen aussortiert werden. Nicht alle natürlich.
Über drei völlig unterschiedliche Bücher zu diskutieren hat den Vorteil, daß man kein einzelnes Thema hat über welches man sich die Buchrücken über den Scheitel ziehen kann (dreimal „über“ in einem Satz ist Kunst). Stattdessen kann jeder zu seinem Buch noch ein paar Sachen loswerden, die nicht in die Rezension gepasst haben. Aber das nächste mal gibt’s wieder Horbeln. Versprochen.
Treffen sich zwei Theoretiker und ein Praktiker auf eine Flasche Sekt. Herr Falschgold und Irmgard Lumpini hören Anne Findeisen zu und teilen trotzdem aus, denn es geht um.. Gott.
Frau Berg polarisiert und hinterlässt nicht auf den ersten Blick gute Laune. Zumindest nicht bei allen. Also muß erörtert werden, wem man wann ihre Bücher anempfehlen kann – und wann besser nicht.
Nur weil es derzahl Jahre keine Studio B – Sendung über Lyrik gab muss man nicht gleich mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner beginnen. Aber eine Einführung haben wir uns verdient. Gegeben wird diese von Anne Findeisen, denn sie hat zum Thema Liebe und Durchblick.
Dann üben wir praktisch in drei spontanen Kurzrezensionen.
Dann werden wir länger und tiefer, Herr Falschgold zu einem Gedicht von Jochen Distelmeyer, Irmgard Lumpini zu einem Song von Lou Reed und Anne Findeisen zu Rilkes „Schlußstück“.
Danach: Auswertung. Keine Benotung. Wir wollen die neugewonnene blaue Blume der Zuneigung zum Genre nicht gleich ersäufen.
Der von der diesjährigen Verpflichtung „Glühwein mit Schuss“ entbundene Heiko Hesh Schramm schickte zur Weihnachtsbuchempfehlrunde hochqualifizierte Vertretung, unseren guten Freund und Lieblingsmundschenk Mirko Glaser, bekannt aus Blue Note und Rock ’n Blues, aber eben auch ein Buchleser, -versteher und -empfehler oberster Schublade.
Als Neuling wurde er zunächst, für eine Studio B Diskussionsrunde, aussergewöhnlich zart angefasst, aber das hält ja keiner lange durch.
Wenn drei sich streiten, kann trotzdem eine Leseempfehlung heraus kommen. Irmgard Lumpini, Heiko Schramm und Herr Falschgold besprechen Edward St Aubyn’s Patrick Melrose Reihe.
Irmgard Lumpini, Hesh und Herr Falschgold kommen, von drei Unterschiedlichen Ergebnissen ihrer Lektüre aus, in dieser Show am Ende fast zu unheimlicher Harmonie. Fast. Wie immer.
Völlig unabgesprochen und somit offenbar typisch für zumindest das vergangene Jahr brachte zur diesjährigen Weihnachtssendung das gesamte Studio B Team Spannungsliteratur bis unter die Decke mit. Vorgestellt in über einer Stunde festseeliger und somit nahezu friedlicher Diskussion zwischen Irmgard Lumpini, Hesh und Herrn Falschgold ist die Dezembersendung wie jedesmal der Ideengeber für die schwerste Zeit im Jahr: wenn man Menschen beschenken muss, die schon alles haben.
Hier die Liste mit hoffentlich allen Büchern, wer sich überraschen lassen will, kuckt erst mal weg und drückt nur: