Seit Juli 2021 erscheint unser Literaturmagazin als Newsletter und Podcast jede Woche auf lobundverriss.substack.com. Alte Episoden könnte Ihr hier lesen und durchsuchen.
[wpbsearch]
Seit Juli 2021 erscheint unser Literaturmagazin als Newsletter und Podcast jede Woche auf lobundverriss.substack.com. Alte Episoden könnte Ihr hier lesen und durchsuchen.
[wpbsearch]
Daniel Kehlmann schreibt uns eine subtile, vielschichtige Geschichte über Geschichte und Geschichtsschreibung, ihr Selbstbild und unsere Bild von ihr. Was beginnt, wie ein Sittengemälde des Mittelalters, jaja, Renaissance, entwickelt sich zu einem Spiegelsaal voll mit Blendern, eingebildeten Wissenschaftlern und aus der Zeit gerissenen Zeugen.
„Auf knapp 1000 Seiten zeichnet Rowling ein dichtes Bild der britischen Gesellschaft in den 1970er Jahren und heute, zeigt die Veränderungen und die Kontinuitäten, Vorurteile, Rassismus, Benachteiligung von Frauen, sexuelle Gewalt, Ausgrenzung von Armen, Kritik am britischen Sozialsystem, nationalistische Bestrebungen in Großbritannien. Es geht um Tarotkarten, okkulte Wahnvorstellungen, die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten korrekter Erinnerung, einen Serienmörder, Familien, Verlust und Tod…“
Was man nicht alles so weiß. Wann Till Eulenspiegel gelebt, wer den dreißigjährigen Krieg verursacht hat. Wie man sich als Frau zu fühlen hat und was überhaupt eine ist. Wo man herkommt. Na wenn man irgendwas weiß, dann doch das. Oder?!
Dem „oder“ gehen mit ganz unterschiedlichen Büchern auf den Grund: Herr Falschgold mit Tyll von Daniel Kehlmann, Irmgard Lumpini mit Robert Galbraiths „Troubled Blood“ und einer Abschweifung zu „How To Be a Woman“ von Caitlin Moran, Anne Findeisen mir „Herkunft“ von Saša Stanišić.
Und hinterher gibt’s ordentlich Streit Diskussion!
Was als kurzfristiger Aufenthaltsort gedacht war, wird schließlich zu einem Teil dessen, was er vielleicht viele Jahre später selbst einmal als Teil seiner Herkunft bezeichnen wird, und das sich aus vielen Teilen zusammensetzt. Weil Herkunft mehr ist als das, woher jemand kommt.
Was man nicht alles so weiß. Wann Till Eulenspiegel gelebt, wer den dreißigjährigen Krieg verursacht hat. Wie man sich als Frau zu fühlen hat und was überhaupt eine ist. Wo man herkommt. Na wenn man irgendwas weiß, dann doch das. Oder?! Darüber streiten diskutieren Anne Findeisen, Irmgard Lumpini und Herr Falschgold.
Aufregend lange diskutieren Anne Findeisen, Irmgard Lumpini und Herr Falschgold über drei Bücher, Leben, Stories mit viel auf und ab – sie gaben es wohl her.
Im Dorf, speziell im österrechischem Hinterland mag es schön sein, heutzutage sogar aushaltbar, aber wenn man erfährt, wie es Monika Helfers allzuschöner Großmutter 1914 ergang, kann man nur sagen: In die Stadt! Anne Findeisen bespricht den Bestseller „Die Bagage“
Wenn man in New York lebt und Poker spielen will, heißt es zunächst mal „raus aus der Stadt“, zumindet über den Hudson nach New Jersey, denn dort ist Onlinepoker nicht verboten. Und ohne den ist es heute wirklich nicht mehr möglich eines Tages in der Stadt anzukommen, in der man sich die ganz großen Preise holen kann – Las Vegas. Wie man das schafft, innerhalb eines Jahres und ohne vorher je Poker gespielt zu haben und, wichtiger, was man dabei über sich selbst lernt beschreibt Maria Konnikova in „The Biggest Bluff“, Herr Falschgold berichtet.
Gefühlt „schon immer“ in der Stadt New York lebt Bill Cunningham, jahrzentelang Modefotograf für die New York Times. Doch es gab ein Leben vor dem Fahrrad, dem blauen Cape und der Nikon über der Schulter. Davon berichtet der Fotograf selbst in seiner posthum veröffentlichten Autobiographie „Fashion Climbing“ – Irmgard Lumpini erzählt.
Diskutiert wird anschließend aufregend lange, die Bücher gaben es her.
Der Stil des Werkes ist unverkennbar die Stimme Bill Cunninghams, der unvoreingenommen und optimistisch in die Welt tritt, und den Abweisung, Rückschritte und der Kampf gegen traditionelle Wege und Herangehensweisen nie entmutigen oder gar in Wut und Verbitterung umschlagen, der glücklich ist, weil er sein Leben mit dem füllt, was ihn glücklich macht.
Die Prämisse, blutiger Anfänger sucht das große Glück, sorgt zudem noch für fast belletristische Spannung, so man sich verkneift Frau Konnikovas aktuelles Pokerstanding zu googlen.
Es ist eine Mischung aus Biografie und Leerstellen, die Helfer mittels eigener Vorstellungskraft, Fantasie und sicher auch Empathie für ihr eigene Herkunft füllt. Dabei entsteht nicht der Eindruck, dass sie Dinge verklärt, sondern im Gegenteil, es führt dem Leser einmal mehr vor Augen, wie traurig und auch wie komplex und verstrickt das Netz der Menschen sein kann, die wir unsere Familie nennen.
Kriege verändern alles.
Thomas Cromwell zog für den französischen König in den Krieg gegen Spanien, um sich ein paar Jahre später als der engste Vertraute König Henry des VIII wiederzufinden. Hilary Mantel schreibt die Story neu in ihrer Thomas Cromwell Trilogie „Wolf Hall“, „Bring up the Bodies“ und „The Mirror and the Light“.
In der von Irmgard Lumpini besprochenen utopischen „..in Death“ Serie von J. D. Robb beseitigen Bürgerkriege in den USA und Europa mal ebenso den Rassismus, utopische Literatur heißt nicht ohne Grund so, aber Mord und Totschlag bleiben Konstanten.
Anne Findeisen las „Altes Land“, ein Roman von Dörte Hansen, die berichtet von der Flucht einer Mutter mit Tochter, einer Flucht einer Tochter von ihrer Mutter und verliert dabei dennoch nicht den Humor.
Anschließend: kein Krieg, nein, Deeskalation bei Bier und Crémant, so löst das Studio B – Kollektiv ihre Konflikte. Die Welt möge lernen.
Herr Falschgold stellt die Autorinnenfrage, Irmgard Lumpini schüttelt mit dem Kopf und Anne Findeisen lehrt Latein. Das alles, bevor wir überhaupt beginnen zu diskutieren, über Geschichte und Geschichten.
„Circa 30 Jahre zuvor haben in den USA und Europa Bürgerkriege geherrscht, die Urban Wars, die als zeitlicher und kultureller Referenzpunkt genutzt werden. Das jetzige politische System der “in Death” Serie bleibt im Dunkel, die Bürgerkriege scheinen aber einige – wenn auch nicht als solche thematisiert – systemimmanente Änderungen herbeigeführt zu haben: Rassismus spielt – zumindest in den USA – keine Rolle mehr..„
„Ist es ein König, ein Fürst, ein Bischof oder ist es Cromwell? Wir erfahren, nicht durch beschreibende Worte, nein, durch eine kurze Verwirrung ob der sprechenden Person, dass die Sprechenden sich im Status näherkommen sind, der Sohn eines Schmiedes den gotterwählten König gar dominiert.„
„Zwei Frauen also, die augenscheinlich vor allem eines verbindet: der Verlust und die Suche nach Heimat und Geborgenheit. Keineswegs kitschig oder rührselig erzählt, beschreibt Dörte Hansen hier anhand verschiedener Generationen die Thematiken Flucht und Vertreibung und das Streben nach Zufriedenheit und Ankommen..“